
Die Verkehrsbelastung in Dortmund ist hoch. In der Nordstadt noch höher. Sie ist das industrielle Herz der Stadt. Neben dem Hafen als einem großen Lkw-Magneten hat die Stadtspitze in den vergangenen 15 Jahren die Westfalenhütte zu einer riesigen Logistik-Drehscheibe entwickelt. Damit haben insbesondere die Lkw-Verkehre noch zugenommen. Seit 20 Jahren gibt es ein Versprechen: Die Nordspange sollte die Menschen in der Nordstadt entlasten und die Fahrzeuge von der Durchfahrtachse Mallinkrodtstraße/ Brackeler Straße holen. Denn die Straßen sind ein Unfall-Hotspot. Die erwarteten zusätzlichen Verkehre kamen, die Umgehungsstraße bisher nicht. Durch den Regierungswechsel im Land – hin zu einem grünen Verkehrsminister – ist sie in weite Ferne gerückt.
163 Verkehrsunfälle mit Rad- und Fußverkehr – vier endeten tödlich
Die Unfallzahlen sprechen eine deutliche Sprache: Seit 2012 gab es allein auf dieser Durchgangsachse eine Vielzahl von Unfällen, bei denen Fußgänger:innen bzw. Radfahrer:innen verletzt und teils auch getötet wurden.

Die Dortmunder Polizei hat innerhalb von 2012 bis 2022 auf der Mallinckrodtstraße 135 und auf der Brackeler Straße 28 Verkehrsunfälle verzeichnet. Auf der Brackeler Straße endete ein Verkehrsunfall tödlich, auf der Mallinckrodtstraße insgesamt drei.
Auf den anderen Zubringer- und Durchgangsstraßen gab es zahlreiche weitere Unfälle, die teils auch tödlich endeten. Manches „Ghost-Bike“ erzählt die traurigen Geschichten.
Dennoch blickt die Nordstadt-BV – insbesondere sind die Grünen und die Fraktion „Die Linke/Die Fraktion“ dem Neubau der Umgehungsstraße eher kritisch eingestellt. Statt einem „überdimensionierten Straßenneubau“ blicken sie vor allem auf den Radverkehr – und vergessen dabei die versprochene Entlastung der Anwohner:innen von Lärm und Verkehr.
Das ist der Stand der Dinge in Sachen Nordspange
Der Verkehrsminister des Landes NRW hat die Stadt Dortmund in einem Schreiben darüber informiert, dass sich die kommunale Straßenbauförderung wegen des Zustands der vorhandenen Infrastruktur auf den Erhalt und die Sanierung des bestehenden Straßennetzes fokussieren wird.

Aufgrund der hohen Gesamtkosten der geplanten Fördermaßnahme zum Neubau der Hoeschallee hat die Maßnahme, trotz grundsätzlicher Förderfähigkeit, nahezu keine Aussicht auf eine Förderung aus dem kommunalen Straßenbau. Anschließende Gespräche ergaben, dass eine zukünftige Förderung jedoch nicht gänzlich ausgeschlossen wird.
„Die Stadtverwaltung prüft alternative Finanzierungsmöglichkeiten für die Gesamtmaßnahme. Nach derzeitiger Einschätzung stellt sich eine Förderung von Maßnahmen und somit der Nordspange auf dem Gelände der Westfalenhütte über Mittel des Regionalen Wirtschaftsförderungsprogramms (RWP) des Landes Nordrhein-Westfalen als aussichtsreich dar“, berichtet Stadtsprecher Christian Schön auf Nachfrage von Nordstadtblogger.
„Den Hinweis des Landes zu fehlenden Budgets nimmt die Stadt Dortmund auf und wird nun Anträge für ein anderes Förderprogramm stellen. Eine rein städtische Finanzierung ist aktuell kein Thema“, so Schön. „Oberbürgermeister Thomas Westphal befürwortet die Nordspange, einerseits aufgrund ihrer sehr großen Bedeutung für die Einwohner:innen der Nordstadt sowie andererseits aufgrund ihrer Erschließungsfunktion für das geplante Gewerbegebiet auf der Westfalenhütte. Das Projekt hat also eine hohe Bedeutung für die Stadtspitze.“
Die Stadt will noch dieses Jahr erste Schritte für Förderanträge unternehmen
Daher gehen die Überlegungen weiter, zumal die Planungsarbeiten weit fortgeschritten bzw. in großen teilen abgeschlossen sind: „Die Stadt wird noch in diesem Jahr erste Schritte für Anträge auf Förderung unternehmen. Das Projekt ist für die Stadt so wichtig, das ein Verzicht keine gute Option darstellt. Aber einen vertraglichen Zwang zum Bau der Nordspange gibt es nicht“, so Schön.

Die Stadt hat allerdings schon große Flächen auf der Westfalenhütte erworben. Dabei handelt es sich auch um die geplanten Verkehrsflächen, vor allem aber um Flächen für den Grünen Ring. Zusätzlich wurden Flächen über das Areal der Westfalenhütte hinaus erworbenen, und zwar im Bereich der Hildastraße, über die sowohl Bauhaus als auch die Flächen des InN 236 erschlossen werden sollen.
Das Ganze gibt es nicht zum Nulltarif: Die Maßnahmen Straßenbau, Westfalenhütte, Stadtbahnverlängerung, Kanalbau und Grüner Ring betrugen – Stand 2022 – rund 200 Millionen Euro. „Davon erwarten wir die Hälfte refinanziert über Förderung und einen kleinenTeil aus Kanalbaugebühren. Die zweite Hälfte sind städtische Eigenanteile – auf acht bis zehn Jahre verteilt“, rechnete im vergangen Sommer der damalige Planungsdezernent Ludger Wilde vor.
Anders als von Linken und Grünen in der BV behauptet, stammen die den Planungen zur Grunde liegenden Verkehrsuntersuchungen nicht aus dem Jahr 2008, sondern aus dem Jahre 2017 – sie dienten als Grundlage zum Bebauungsplan InN 219. Dahingehend hat sich das Tiefbauamt orientiert und die Belastungsklasse bestimmt.
Planungen von Nordspange und „Grünem Ring“ sind eng verbunden
„Grundsätzlich basiert die Planung von Verkehrsflächen auf entsprechenden Verkehrsprognosen, die die Entwicklung der Einwohner- und Beschäftigtenzahlen etc. beinhalten. Auch für die Westfalenhütte wurden verschiedene Planfälle ermittelt, in denen bereits die Logistikflächen (z.B. Amazon, Decathlon) aber auch die zu erwartenden Verkehre aus den neuen Nutzungen (Gewerbegebiet, Wohngebiet Stahlwerkstraße, RAG-Fläche sowie Möbelhaus) Berücksichtigung fanden“, erklärt der Stadtsprecher.

Eng verbunden mit der Planung der Nordspange ist die Planung des Grünen Rings. Der Gesamtbereich der Westfalenhütte soll von einem Grüngürtel umschlossen werden. Mit der Umgestaltung der Flächen der ehemaligen Sinteranlage sind bereits Teile des später geschlossenen „Grünen Rings“ umgesetzt. „Die derzeitige Planung schließt hieran an und vergrößert die Freiflächen um den eigentlichen neuen Park mit vielfältigen öffentlichen Erholungsflächen“, erklärt Schön.
„Die Parkanlage, die Anbindungen an die ehemalige Sinteranlage sowie an vorhandene Grünräume wie z.B. den Hoeschpark ist zwar nicht direkt von der Straßenplanung abhängig. Allerdings wäre beim Wegfall der Hoeschallee der Flächenzuschnitt der Parkanlage in Frage zu stellen“, betont der Stadtsprecher.
Zudem wären durchaus erhebliche Umplanungen erforderlich, weil der Grüne Ring derzeit an vielen Stellen an das Straßennetz mit entsprechenden Wegeverbindungen anschließt. „Vor dem Hintergrund, dass durch das Bodenmanagement das Gelände momentan vorbereitet wird, wären unter Umständen großflächige nachträgliche Veränderungen in der Modulation erforderlich. Dies hätte sowohl Auswirkungen auf die Zeitplanung des Projektes ,Grüner Ring’ als auch auf die Kosten.“
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